Was ist ein Harnstoffzyklusdefekt?
Harnstoffzyklusdefekte (engl.: UCD, urea cycle disorders) gehören zu den seltenen Erkrankungen. Jeder dieser Defekte beeinflusst, wie der Körper Eiweiße (Proteine) aus Lebensmitteln wie Fleisch, Eiern und Molkereiprodukten abbaut, aber auch wie dies beispielsweise bei intensiven körperlichen Betätigungen oder in Fastenzeiten abläuft.
Zum Hintergrund: Alle Lebensmittel, die wir essen, werden in unserem Verdauungssystem aufgespalten. Der Körper nutzt die darin enthaltenen Fette, Kohlenhydrate, Eiweiße, Vitamine, Mineralstoffe und mehr. Isst man etwas Eiweißreiches, wie etwa ein Würstchen, zerlegt der Körper das darin enthaltene Eiweiß in sogenannte Aminosäuren (Eiweißbausteine), die über die Darmwand ins Blut und über die Pfortader in die Leber gelangen können.
UCD - kurz & knapp erklärt
Bei einem Harnstoffzyklusdefekt (engl. UCD, urea cycle disorder) handelt es sich um eine seltene, angeborene und meistens ererbte Fehlfunktion im sogenannten Harnstoffzyklus. Diese Abfolge bestimmter chemischer Reaktionen ist der Hauptweg im menschlichen Stoffwechsel, um den Körper von Ammoniak zu entgiften.
Infolge einer UCD-Erkrankung ist der Körper nicht mehr in der Lage, das beim Eiweißabbau gebildete giftige Ammoniak (eine Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff) ausreichend in ungiftigen Harnstoff umzuwandeln, der dann über den Urin aus dem Körper ausgeschieden werden kann. Infolgedessen kann es zu stark erhöhten Ammoniakwerten im Blut kommen, was insbesondere für das Gehirn schädlich ist.
Auf den ersten und oft auch auf den zweiten Blick schaut der Harnstoffzyklus mit seinen vielen biochemischen Schritten in grafischen Darstellungen sehr kompliziert aus. Hier finden Interessierte einen Lehrfilm, der die Abläufe besser verständlich darstellen soll:
Der Harnstoffzyklus – einmal anders erklärt
Die Aminosäuren wandern über den Blutkreislauf durch unseren Körper und gelangen in Zellen. Dort erfüllen sie viele wichtige Funktionen.
Im Rahmen dieser Prozesse entstehen aber auch Abfallstoffe, die der Körper im Normalfall entsprechend entsorgt. Wenn Eiweiß abgebaut wird, bildet er beispielsweise Ammoniak. Diese Substanz wird bei Menschen ohne UCD über den sogenannten Harnstoffzyklus, eine Abfolge bestimmter chemischer Reaktionen, aus dem Körper entfernt. Leidet man unter einem Harnstoffzyklusdefekt, funktioniert jedoch einer der dafür nötigen Stoffwechselschritte nicht oder nicht richtig, sodass sich toxisches (also giftiges) Ammoniak im Körper ansammeln kann.
Der Umgang mit Ammoniak im Körper von Menschen ohne und mit Harnstoffzyklus-Störung
Bei einem Harnstoffzyklusdefekt (engl. UCD, urea cycle disorder) handelt es sich um eine seltene, angeborene und meistens ererbte Fehlfunktion im sogenannten Harnstoffzyklus. Diese Abfolge bestimmter chemischer Reaktionen ist der Hauptweg im menschlichen Stoffwechsel, um den Körper von Ammoniak zu entgiften.
Infolge einer UCD-Erkrankung ist der Körper nicht mehr in der Lage, das beim Eiweißabbau gebildete giftige Ammoniak (eine Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff) ausreichend in ungiftigen Harnstoff umzuwandeln, der dann über den Urin aus dem Körper ausgeschieden werden kann. Infolgedessen kann es zu stark erhöhten Ammoniakwerten im Blut kommen, was insbesondere für das Gehirn schädlich ist.
Auf den ersten und oft auch auf den zweiten Blick schaut der Harnstoffzyklus mit seinen vielen biochemischen Schritten in grafischen Darstellungen sehr kompliziert aus. Hier finden Interessierte einen Lehrfilm, der die Abläufe besser verständlich darstellen soll:
Welche Rolle spielen die Gene?
Harnstoffzyklusdefekte sind genetisch bedingte Krankheiten. Das heißt, man wird mit einer auslösenden Anomalie im Erbgut geboren. Zur Erklärung: Sie erben unterschiedliche Erbanlagen (Gene) von Ihrer Mutter und Ihrem Vater. Einige davon tragen beispielsweise Informationen, die Ihre Haar- oder Augenfarbe bestimmen. Andere enthalten möglicherweise aber Informationen, die zu einer genetisch bedingten Erkrankung führen können.
Harnstoffzyklusdefekte treten unter anderem auf, wenn ein Elternteil ein bestimmtes defektes Gen an sein Kind weitergegeben hat. Sie können jedoch auch das Ergebnis einer spontanen Veränderung (Mutation) der Information in einer Erbanlage der Betroffenen selbst sein. Dann treten sie unabhängig von der genetischen Veranlagung der Eltern auf.
Wie entsteht ein Harnstoffzyklusdefekt?
Die Krankheit ist die Folge eines genetisch bedingten Mangels an einem bestimmten Enzym oder Transporter (eine Art Spezial-Protein, das den Transport von Teilchen vermittelt). Denn der Harnstoffzyklus − und damit auch das Ausschleusen schädlichen Ammoniaks aus dem Körper − basiert im Wesentlichen auf der einwandfreien Wirkung von sechs Enzymen sowie von zwei in diesem Stoffwechselkreislauf aktiven Transportern (das sind Eiweißmoleküle, die Substanzen über ein Zellmembran transportieren).
Bei Defekten im Harnstoffzyklus wird die Produktion von Harnstoff, der problemlos mit dem Urin ausgeschieden werden kann, gedrosselt oder blockiert. Stattdessen sammelt sich Ammoniak im Körper an. Das Hauptproblem: In höheren Konzentrationen ist diese stickstoffhaltige Substanz für das Gehirn giftig. Schlimmstenfalls kann es sogar zu einer lebensbedrohlichen Hyperammonämie (krankhaft erhöhte Ammoniakwerte im Blut) kommen.
Was ist ein Enzym?
Enzyme sind Eiweiße (Proteine), die als Katalysatoren biochemische Reaktionen im Organismus steuern und beschleunigen. Dabei werden sie selbst nicht verändert.
Die unterschiedlichen Formen der Krankheit
Wenn man unter einem Harnstoffzyklusdefekt leidet, fehlt dem Körper ein bestimmtes Enzym oder einer der Transporter, die im Harnstoffzyklus am Abbau von Ammoniak beteiligt sind. Oder es ist nur sehr wenig davon vorhanden.
In der folgenden Tabelle finden Sie die Namen der sechs Enzyme, durch deren Fehlen oder Mangel Harnstoffzyklusdefekte hervorgerufen werden können – sowie dahinter jeweils den Namen der resultieren Krankheit.
Betroffenes Enzym
Name(n) des Harnstoffzyklusdefekts
N-Acetylglutamat-Synthase (NAGS)
N-Acetylglutamat-Synthetase-Mangel (NAGS-Mangel)
Carbamyl-Phosphat-Synthetase 1 (CPS1)
Carbamoylphosphat-Synthetase-1-Mangel (CPS1-Mangel)
Ornithin-Transcarbamylase (OTC)
Ornithin-Transcarbamylase-Mangel (OTC-Mangel)
Argininosuccinat-Synthetase (ASS), auch Argininbernsteinsäure-Synthetase
Argininosuccinat-Synthetase-Mangel (ASS-Mangel) Citrullinämie Typ 1, CTLN1
Argininosuccinat-Lyase (ASL), auch Argininbernsteinsäurelyase
Argininosuccinat-Lyase-Mangel (ASL-Magel) Argininbernsteinsäurelyase-Mangel Argininbernsteinsäure-Krankheit Argininosuccinaturie
Arginase 1 (ARG1)
Arginase-1-Mangel (ARG1-Mangel) Hyperargininämie, Argininämie
Betroffener Transporter
Name(n) des Harnstoffzyklusdefekts
Mitochondrialer*
Ornithintransporter 1 (ORNT 1)
Hyperornithinämie-Hyperammonämie-Homocitrullinurie-Syndrom (HHH-Syndrom) Ornithin-Translokase-Mangel
Citrin (Mitochondrialer*
Glutamat-Aspartat-Transporter)
Citrin-Mangel Citrullinämie Typ 2
Schematische Darstellung des Harnstoffzyklus
Der Harnstoffzyklus läuft in den Zellen der Leber ab. Die hellgrünen Bezeichnungen stehen für Enzyme, die im Harnstoffzyklus fehlen oder nicht ausreichend vorhanden sind, sodass ein krankhafter Defekt entsteht.
Stehen hingegen genug dieser Enzyme bereit, wandeln sie ausreichend Ammoniak in Harnstoff (gelb) um, den der Körper letztlich über den Urin ausscheiden kann (orange: die Leber; grün: die Gallenblase).
Sie möchten mehr wissen?
Hier finden Sie einen Informationsratgeber zu Harnstoffzyklusdefekten.
Wie viele Menschen sind betroffen?
Wie oft die Harnstoffzyklusdefekte insgesamt und im Einzelnen auftreten, lässt sich bisher nicht genau sagen, die Angaben in der Fachliteratur schwanken erheblich. Die summarische Häufigkeit wird aktuell meist auf etwa einen Erkrankungsfall pro 35.000 Geburten (1:35.000) geschätzt. Der OTC-Mangel wird dabei mit Abstand am häufigsten beobachtet, der NAGS-Mangel bei Weitem am seltensten.
Grundsätzlich können erste Symptome eines Harnstoffzyklusdefekts in jedem Alter auftreten, also auch bei Erwachsenen. Die Mehrzahl der Erkrankungen zeigt sich jedoch, und dann leider nicht selten mit einem sehr schweren Verlauf, bereits in den ersten Lebenstagen.